Nahverkehrsplan erschreckend unterfinanziert

Künftig mehr Angebote auf der Schiene – auch für Oberhavel

17.06.2022, 12:37 Uhr | Oranienburg
Nicole Walter-Mundt (CDU) nimmt Stellung zu den Plänen des Landes für ein attraktives und zukunftsfestes Bahnangebot in der Region, Foto: Christian Howe
Nicole Walter-Mundt (CDU) nimmt Stellung zu den Plänen des Landes für ein attraktives und zukunftsfestes Bahnangebot in der Region, Foto: Christian Howe

Der Entwurf des Landesnahverkehrsplans 2023 bis 2027 liegt bereits seit einigen Wochen vor. Noch bis zum 21. Juni kann jeder Bürger sowie jede Kommune über die Onlineplattform brandenburg-bewegen.de zu den Inhalten und Zielen für das künftige Bahnangebot auch in unserer Region Stellung beziehen. Die Oranienburger Landtagsabgeordnete Nicole Walter-Mundt (CDU) hat von dieser Möglichkeit bereits Gebrauch gemacht. Die verkehrspolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion sieht neben Optimierungsmöglichkeiten auf der S1, dem RE5 oder der Heidekrautbahn, aber noch vielfältige andere Hürden – vor allem bei der Finanzierung der vielen Vorhaben.

Verkehrsressort muss finanziell deutlich besser ausgestattet werden als bisher

In dem 219-Seiten starken Entwurf ist gleich auf mehreren Seiten das Wort „Verkehrswende“ zu lesen.Doch gerade bei den Grafiken, welche die Ausfinanzierung der Maßnahmen für einen attraktiveren Nahverkehr aufzeigen, sehe es mehr als düster aus, so Nicole Walter-Mundt. Bereits im Jahr 2023 übersteigen die Kosten von Leistungen auf der Schiene mit etwa 533 Mio. Euro die dafür vom Bund zur Verfügung gestellten Regionalisierungsmittel von rund 491 Mio. Euro. Das heißt: „Entweder findet die Forderung der Verkehrsminister der Länder nach einer spürbaren Steigerung der Bundesmittel für den Ausbau des Angebots Gehör oder aber: Brandenburgs Finanzministerin Katrin Lange (SPD) muss das Verkehrsressort im Land künftig finanziell deutlich besser ausstatten als bisher“, adressiert Walter-Mundt ihre Forderung.

Neue Direktverbindung zum Flughafen BER zum Jahreswechsel

Das Angebot im Nahverkehr soll nämlich laut Plan bis zum Jahr 2027 um rund 27 Prozent ansteigen. Davon profitiert ab 2023 auch die Stadt Oranienburg. Mit der neuen Regionalbahnlinie RB32 wird zum Jahreswechsel 2022/23 neben dem Intercity (Rostock – Berlin – Dresden) eine weitere Direktverbindung zum Flughafen BER in Betrieb genommen. Gemeinsam mit dem RB12 aus Templin Stadt kommend, der speziell zu den Hauptverkehrszeiten künftig auch über mehr Sitzplätze verfügen wird (180 statt 150), bestehen dann zwei stündliche Verbindungen nach Berlin Ostkreuz.

Weiterhin keine Tarifanerkennung des VBB-Tickets im Intercity

Auf der Hauptverkehrsachse in Richtung Berlin Gesundbrunnen passiert bis 2027 hingegen wenig. Zwar wurde im Jahr 2020 mit dem Intercity aus Rostock-Warnemünde eine weitere Direktverbindung ins Berliner Zentrum geschaffen, jedoch kann diese im Gegensatz zur Südroute auch weiterhin nicht mit dem VBB-Ticket von Oranienburg aus genutzt werden. „Eine Entlastung im Pendlerverkehr könnte mit einer Tarifanerkennung jedoch recht einfach realisiert werden, um bereits kurzfristig das Verkehrsaufkommen auf der Strecke des RE5 zu entlasten“, unterstreicht Nicole Walter-Mundt. Denn erst zum Jahreswechsel 2026/27 sollen die Verstärkerzüge auf beim RE5 zu den Hauptverkehrszeiten in Betrieb genommen werden. „Viel zu spät“, meint die Oranienburger CDU-Politikerin.

Mit dem Regionalexpress alle 30-Minutentakt zum Berliner Hauptbahnhof

Die Wachstumsprognosen für Oberhavel, vor allem für die Kreisstadt, verdeutlichen, dass künftig mit einem erheblichen Mehraufkommen auch im Pendlerverkehr zu rechnen sei. Wohnen in Brandenburg, arbeiten in Berlin – das hat auch große Auswirkungen auf die Nachfrage auf der Schiene. Besonders der Regionalexpress RE5 wird bereits heute gut frequentiert. Sowohl im Pendler- als auch im Ausflugsverkehr nutzen die Menschen das Angebot mit einer zügigen Anbindung nach Gesundbrunnen oder zum Hauptbahnhof und umgekehrt in Richtung Ostsee. Zwar sehe der Landesnahverkehrsplan perspektivisch einen 30-Minutentakt auf dieser Strecke vor, jedoch ist eine mögliche Realisierung erst weit nach dem Jahr 2030 angedacht. „Der 30-Minutentakt beim RE5 muss mit Blick auf die Bevölkerungsentwicklung in unserer Region jedoch viel stärker in den Fokus rücken und mit einer höheren Priorität angeschoben werden, als es der Entwurf des Nahverkehrsplans 2023-2027 bisher vorsieht“, fordert Nicole Walter-Mundt in ihrer Stellungnahme.

10-Minutentakt auf der S-Bahnlinie S1 gleichberechtigt vorantreiben

Mit einer kurzfristigen Taktverdichtung auf der S-Bahnlinie S1 wird es ebenfalls nichts. Denn ein zweigleisiger Ausbau der Verbindung zwischen Berlin Frohnau und Hohen Neuendorf ist hierfür unabdingbar. Noch steht man dabei ganz am Anfang der Planungen. Lediglich die Grundlagenermittlung für das Projekt ist abgeschlossen. Ende 2022 oder Anfang 2023 soll jedoch die Finanzierung der dritten Tranche im i2030-Projekt „Weiterentwicklung S-Bahn-Netz“ für die weiteren Leistungsphasen stehen. Die Planungen für den 10-Minutentakt nach Bernau (S2) und nach Strausberg (S5) sind da schon weiter. „Hier wünsche ich mir vor allem eine gleichberechtigte Priorisierung der Maßnahmen, damit das Ziel 2030 für den 10-Minutentakt auf der S1 nicht in weite Ferne rückt“, so die CDU-Politikerin.

Reaktivierungsstudie sieht keine Perspektive für Bahnanschluss von Liebenwalde

Überraschend wenig Potenzial sieht eine Studie im Auftrag des VBB, für die Reaktivierung der Heidekrautbahn bis nach Liebenwalde. Stattdessen soll jetzt die Verbindung Schmachtenhagen – Oranienburg (Fichtengrund) weiter untersucht werden. Die Testfahrt der Niederbarnimer Eisenbahn (NEB) Anfang Juni hatte jedoch gezeigt, dass zumindest von Wensickendorf über Zehlendorf bis nach Kreuzbruch (Liebenwalde) mit wenig Aufwand ein Betrieb auf dem stillgelegten Nordast der Heidekrautbahn auf die Beine gestellt werden könnte. „Eine schrittweise Reaktivierung sollte hier genauso ermöglicht werden, wie die Anerkennung der Ergebnisse einer Machbarkeits- und Potenzialuntersuchung, die nach den Kriterien des Landes und des VBB durch die Kommunen dann eben eigenständig in Auftrag gegeben wird“, findet Nicole Walter-Mundt abschließend.

aktualisiert von Christian Howe, 07.10.2022, 22:14 Uhr