Bombenlast: Modellregion Oranienburg wird bis 2024 verlängert

Koalition einigt sich auf Gesetzesentwurf und Verlängerung des Evaluationszeitraums

18.01.2022, 10:11 Uhr | Potsdam/Oranienburg
Ein hoher Aufwand ist nötig, um Bomben wie hier am Treidelweg in Gewässernähe zu bergen und unschädlich zu machen, Foto: Enrico Kugler/MAZ
Ein hoher Aufwand ist nötig, um Bomben wie hier am Treidelweg in Gewässernähe zu bergen und unschädlich zu machen, Foto: Enrico Kugler/MAZ

Die Regierungskoalition aus SPD, CDU und Bündnis90/Die Grünen wird die Modellregion Oranienburg um weitere zwei Jahre verlängern. Ein entsprechender Gesetzesentwurf soll im Februar Thema im Landtag sein. Zunächst bis Dezember 2024 soll demnach der Kampfmittelbeseitigungsdienst (KMBD) des Landes als Sonderordnungsbehörde vor Ort fungieren. Auch die Möglichkeit der Teilkostenerstattung für kostenintensive Maßnahmen der Grundwassererhaltung bleibt für diese Zeit bestehen.

Federführend für die Gesetzesinitiative waren die drei Oranienburger Landtagsabgeordneten Björn Lüttmann (SPD), Nicole Walter-Mundt (CDU) und Heiner Klemp (Bündnis 90/Die Grünen), die in den zurückliegenden Monaten gemeinsam im Land für eine Zwischenlösung geworben haben, damit vor Ort die zusätzlichen finanziellen und personellen Ressourcen zur Bewältigung der Bombenlast auch über das Jahr 2022 hinaus bestehen bleiben.

Dazu erklären die drei Oranienburger Landtagsabgeordneten:

Björn Lüttmann (SPD): „Die Modellregion Oranienburg, die neben organisatorischen Verbesserungen vor allem auch dazu geführt hat, dass das Oranienburger Team der Kampfmittelsuche um 13 Stellen aufgestockt wurde, ist trotz Corona-Beschränkungen schon heute eine Erfolgsgeschichte. Eine Evaluation ist dennoch zum gegenwärtigen Zeitpunkt schwierig, da in der Innenstadt und vor allem in der Nähe des Krankenhauses nicht im erforderlichen Maße gesucht werden konnte, um keine Evakuierungen im Falle eines Munitionsfundes zu riskieren. Deshalb begrüße ich die Verlängerung der Testphase der Modellregion und bin mir sicher, dass die Evaluation 2024 Gewissheit bringt, dass wir die besondere Unterstützung Oranienburgs dauerhaft brauchen – bis irgendwann endlich die letzte Bombe gefunden ist!“

Nicole Walter-Mundt (CDU): „Die Verlängerung der Modellregion Oranienburg ist ein wichtiger Schritt um meine Heimatstadt bei der Bewältigung der Bombenlast zu unterstützen. Dabei trägt Oranienburg eine besondere und deutschlandweit einzigartige Last. Vor allem die vielen Großbomben mit chemisch wirkendem Langzeitzünder und die jederzeit bestehende Gefahr der Selbstdetonation, bereiten uns Kopfzerbrechen. Deshalb ist es notwendig, dass wir auch zukünftig alle Kräfte vor Ort bündeln, um Schritt für Schritt weitere Flächen aus dem Kampfmittelverdacht zu entlassen, und gleichzeitig der Stadt auch bei den außerordentlichen finanziellen Belastungen, die damit einhergehen, unter die Arme zu greifen.“

Heiner Klemp (Bündnis90/Die Grünen): „Die Pandemie hat in den vergangenen zwei Jahren die Bombensuche in Oranienburg weitgehend zum Erliegen gebracht, da aufwendige Evakuierungen und die damit einhergehenden Kontakte vieler Menschen unvertretbar gewesen wären. So ist es folgerichtig, das Projekt Modellregion zu verlängern, um überhaupt zu realistischen Einschätzungen zu gelangen. Alle Gefahrenpunkte in Oranienburg abzuklären und die Stadt bombenfrei zu bekommen, ist eine Generationenaufgabe: Die Kampfmittelbeseitigung wird uns vor Ort noch Jahrzehnte beschäftigen. Deshalb hoffe ich, dass es nach der Evaluation im Jahr 2024 möglich sein wird, das Modell dauerhaft zu etablieren.“

Ursprünglich war die im Jahr 2019 eingerichtete Modellregion Oranienburg zunächst auf drei Jahre angelegt. Die Evaluation der Änderungen im Ordnungsbehördengesetz sollten in diesem Jahr erfolgen. Aufgrund der Corona-Pandemie war die Kampfmittelsuche vor Ort jedoch nur eingeschränkt möglich, weshalb aussagekräftige Erfahrungswerte fehlen. Breit angelegte Evakuierungsmaßnahmen, bei denen in Oranienburg häufig auch Pflegeheime oder das Oberhavel-Klinikum betroffen sind, sollten in der Hochzeit der Pandemie vermieden werden.

Das Land Brandenburg setzte im zurückliegenden Jahr insgesamt 13 Millionen Euro für die Kampfmittelbeseitigung ein – davon 6,7 Millionen Euro für die Beseitigung von Kampfmitteln und 6,3 Millionen Euro für Personal- und Sachkosten. Wie aus der vorläufigen Bilanz des Kampfmittelbeseitigungsdienstes (KMBD) für das Jahr 2021 ebenfalls hervorgeht, mussten dabei allein für die Bewältigung der Bombenlast in Oranienburg etwa 4,3 Millionen Euro aufgewendet werden.

Seit 1991 sind in Oranienburg über 200 Großbomben erfolgreich entschärft bzw. gesprengt worden. Bundesweit ist keine Region bekannt, in der so konzentriert amerikanische Bomben mit chemisch wirkenden Langzeitzündern abgeworfen wurden. Zur Bewältigung dieser besonderen Situation wurde 2019 das Projekt der Modellregion Oranienburg gestartet, um die Stadt nachhaltig personell und finanziell zu unterstützen.

aktualisiert von Christian Howe, 07.10.2022, 22:12 Uhr